Sinnloser Hype oder effektives Nahrungsergänzungmittel? Ich habe Ketone als Nahrungsergänzungsmittel getestet. Hier folgt nach einer Einführung zu Ketonen der zweite Teil meines Erfahrungsberichtes. Den ersten Teil gibt es hier.
Was sind Ketone?
Ketone entstehen bei Mangel an Kohlenhydraten in unserem Körper. Unsere Leber produziert aus Körperfett kleine Energieträger, die Ketone (auch Ketonkörper genannt). Bei längerem Nahrungsentzug, wie bei einer Fastenkur, versorgen die Ketone unser Gehirn mit Energie. Unser Gehirn kann Fettsäuren meist nicht direkt verwerten, da der Großteil der Fettsäuren aus dem Blut nicht über die schützende Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn gelangt (Ausnahme sind MCTs = medium chain triglycerides, mittelkettige Fettsäuren). Für gewöhnlich ernährt sich unser Gehirn von Glukose, also Traubenzucker. Essen wir nichts oder essen wir lange Zeit keine Kohlenhydrate, dann kann unser Gehirn nur über die Ketone versorgt werden, während der restliche Körper eigenes Körperfett oder Nahrungsfett aus dem Blut verwerten kann. Die vom Körper hergestellten Ketone nennt man auch endogene Ketone. Demgegenüber bezeichnet man Ketone die außerhalb des Körpers (durch unterschiedliche Verfahren) hergestellt werden als exogene Ketone.
Exogene Ketone gibt es seit ein paar Jahrzehnten. Die Herstellung kostete in den Anfängen noch ein Vermögen, weshalb die exogenen Ketone nur im Einsatz von Raumfahrt, Militär und betuchten Forschungseinrichtungen waren. Die Medizin bedient sich nun seit Jahren exogener Ketone. Vor allem bei Epilepsie oder psychischen Störungen wie Angsterkrankungen oder Depression kommen sie zum Einsatz. Durch die Einnahme von Ketonen, kommt es zu positiven Stoffwechseländerungen wie einer verbesserten Mitochondrien-Funktion (u.a. bessere Fettverbrennung) und anti-entzündlichen Prozessen. Tierversuche zeigten eine Senkung des Blutzuckers und laufende Untersuchungen deuten auf eine Bekämpfung von Übergewicht, was die Ketone für Stoffwechselstörungen wie Diabetes Typ2 interessant machen könnte. Auch gegen Demenzerkrankungen könnten Ketone wirken.
Ketone im Sport
Seit der Tour de France 2019 hört und liest man immer öfter von exogenen Ketonen im Sport. Ketone sind als Nahrungsergänzungsmittel dort präsent. Die kleinen Energieträger verbessern langfristig die Fettverbrennung und schonen bei der sportlichen Belastung die Kohlenhydratreserven, was besonders bei langen Bergetappen wünschenswert ist. Die Insulinsensitivität und Regenerationsfähigkeit der Sportler wird gesteigert. Ketone wirken als eine Art Signalmolekül und stoßen viele positive Stoffwechselveränderungen im Körper an und haben Einfluss auf die Epigenetik.
Bei starker körperlicher Belastung oder wenn die Kohlenhydratvorräte in der Muskulatur und Leber zur Neige gehen, fängt unser Körper an die ersten Ketone herzustellen. Auch morgens nach dem Aufstehen, wenn die Leberspeicher erschöpft sind, können erste Ketone entstehen. Es sind nur wenige Ketone, die nicht der hohen Produktion während einer Fastenkur oder einen kohlenhydratarmen Ernährung (ketogene Ernährung) zu vergleichen sind. Für den Körper von Sportlern ist jedoch ein Ketonkörper oft nichts neues, weshalb Sportler schneller eine Wirkung bei der Einnahme exogener Ketone verspüren. Transportmoleküle, die die Ketone in die Zellen von Muskeln und Gehirn transportieren existieren bereits, da der sportliche Körper die entstehenden Ketone bereits nutzt und weil gewisse Transporter, die auch für den Transport von Laktat zuständig sind, beim Sport regelmäßig benötigt werden.
Eine Kalorie ist nicht eine Kalorie
Eine Kalorie ist definiert als die Energie, die benötigt wird, um ein Gramm Wasser um ein Grad Celsius zu erwärmen. Um den Kaloriengehalt von Lebensmitteln zu ermitteln, wird meist ein sogenannten Bombenkalorimeter verwendet. Dabei wird der Brennwerte eines Stoffes bzw. eines Lebensmittels durch Verbrennung bei einem bestimmten Sauerstoffdruck ermittelt. Man kann damit auch den Kaloriengehalt von einem Stück Zeitungspapier ermitteln. Niemand glaubt aber ernsthaft, dass beim Verzehr von Zeitungspapier viel Energie im Körper ankommt. Nicht alles was wir in den Mund schieben, kann unser Körper in Energie umsetzen. Egal ob ein Apfel, ein Gummibärchen oder ein Stein gegessen wird, mehr oder weniger davon wird verdaut oder unverdaut ausgeschieden. Genauso ist es auch mit Ketonen. Der Körper muss die Energie, die in den Ketonmolekülen steckt auch verwerten können. Dabei sind Ketone nicht gleich Ketone.
Erfahrung exogene Ketone als Nahrungsergänzung
Im Körper entstehen drei unterschiedliche Ketonkörper, wovon eines mehr oder weniger eine Art Abfallprodukt darstellt, das Aceton. Aceton ist ein Keton, aber es kann kaum von unserem Körper genutzt werden und wird ausgeatmet oder über den Urin ausgeschieden. Aceton ist als Lösungsmittel in Verwendung und niemand würde auf die Idee kommen es zu sich zu nehmen.
Es ist bei Ketonen wie mit Alkoholen, der Begriff leitet sich von der molekularen Struktur des Stoffes ab. Weinliebhaber oder bayerische Biertrinker, die dem Alkohol zugeneigt sind, lehnen es sicher ab Terpene, Acetale, Aldehyde oder andere Fuselalkohole zu konsumieren. Moleküle die eine bestimmte chemische Verbindung oder Gruppe enthalten, werden dem Stoff „Ethanol/Alkohol“ zugeordnet. Gleiches gilt für exogene Ketone. Auch hier heißt es: Augen auf!
Neben Aceton entstehen noch zwei weitere Ketonkörper in unserem Körper. Die beiden anderen im Körper natürlich entstehenden Ketonkörper sind Acetoacetat und Beta-Hydroxybutyrat. Besonders das Zuletztgenannte Beta-Hydroxybutyrat, kurz BHB, ist für den Körper ein guter Energielieferant. BHB kommt in zwei Formen vor (Isomerie). Einer links-drehenden Form und einer rechts-drehenden Form (Stichwort Polarisationsrichtung des Lichtes). Stellen Sie sich die zwei Formen wie die Formen von Handschuhen vor. Der linke Handschuh gleicht dem rechten Handschuh, aber nur der linke Handschuh passt auf die linke Hand und umgekehrt. Im menschlichen Körper entsteht fast ausschließlich die rechts-drehende Form D-BHB. Für meinen Test verwende ich ein Produkt 100% D-BHBs.
Test
In den ersten Wochen der Testphase habe ich die Ketone morgens nüchtern zum Training eingenommen. Ohne Frühstück ging es für zwei Stunden auf flache 60 Kilometer aufs Rad. Teilweise lagen zwischen Abendessen und Radfahrt 16 Stunden, also der Abstand des klassischen Intervallfasten. Ich bin Nüchterntraining gewohnt, jedoch besteht bei intensiven Einheiten die Gefahr in den Unterzucker zu rutschen. Bei höheren Intensitäten benötigen die Muskeln Glukose und können dem Gehirn den Zucker quasi streitig machen. Durch die Einnahme der Ketone steht eine insulinunabhängige Energiequelle zur Verfügung. Das habe ich bei jeder Ausfahrt sofort gemerkt. Mit der Einnahme der Ketone verschwand mein Hungergefühl jeweils umgehend. Ich konnte mit anhaltender Leistung meine Trainingsfahrten beenden und teilweise auch die Leistung steigern.
Mein „Extremtest“ fand am späten Vormittag statt. Ich hatte 14 Stunden vor meiner Ausfahrt nichts gegessen. Das Abendessen am Vorabend war gewöhnliche Mischkost. Für den Test hatte ich mir eine flache 50 Kilometerstrecke vorgenommen. Ich hatte bereits vor der Ausfahrt Hunger. Ich füllte meine Ketone in die Trinkflaschen und fuhr los, wobei ich den ersten Schluck trank. Nach einer Minute wechselte ich ins „Renntempo“, das ich fast bis zum Schluss beibehielt. Ich fuhr die gesamte Strecke – sofern es der Verkehr zuließ im oberen Ausdauerbereich GA2. Lediglich an Kreuzungen oder hinter PKWs, LKWs und Traktoren, musste ich kurzfristig meine Geschwindigkeit anpassen. Während meiner Fahrt verschwand das Hungergefühl völlig. Ich trank regelmäßig einen Schluck. Am Ende hatte ich die 50 Kilometer mit einem 35,8km/h Schnitt absolviert, nüchtern ohne Vorbereitung wie Pausentage oder Carboloading in den vorhergehenden Tagen.
Kurz: 50 Kilometer mit 35,8 km/h, nüchtern (14 Stunden ohne Nahrung), keine Vorbereitung (kein Carboloading, am Vortag über 3 Stunden Training absolviert), Fahrt mit gewöhnlichem Rennrad im Straßenverkehr, keine Rennstrecke. Strava-Aufzeichnung
Mein Fazit: die von mir getesteten Ketone kamen im Körper an und gaben einen merklichen Energieschub. Ohne Ketone wäre diese Leistung nicht nüchtern abrufbar gewesen. Für den unmittelbaren Einsatz in Wettkämpfen oder Trainings eignen sich die Ketone meiner Meinung nach. Da Ketone jedoch noch weitere und langfristigere positive Effekte haben sollen, werde ich weiter testen.
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