Istria300 2024

Ende September, wenn die Tage kürzer werden, treibt es uns Radfahrer nach Süden in wärmere Gefilde. So ist es unter anderem in Kroatien im Herbst noch länger warm. Die 3500 km² große Halbinsel an der Adria, Istrien, ist zum größten Teil kroatisch. Dort findet das bekannte Radrennen Istria300 statt. Eine Wettergarantie gibt es aber auch dort nicht. Regen und kühler Wind wurden laut Wetterprognose in der Vorwoche des Rennens erwartet. Das Blatt wendete sich als das Rennen näher rückte. Und so stand ich mit den anderen Startern am Rennmorgen „kurz-kurz“ im Startblock.

Seit 2021 gibt es das Istria300 auf Istrien. Das Event findet in der wunderschönen Hafenstadt Porec statt, wo dieses Jahr zeichnet das brandneue Bike Center Porec eröffnet hat. In 2023 hatte bereits das Istria300 Ladies Premiere gehabt. Für weibliche Starter am Istria300 gibt es spezielle Besonderheiten wie eine Gruppenausfahrt nur für Frauen zusammen mit den Istria Ladys oder wie ein Teilnehmer-Cycling-Kit für Frauen. Das Kit-Design wurde für 2024 von den Teilnehmern 2023 gewählt. Und auch dieses Jahr konnte wieder eine Stimme für eines der drei potentiellen Ladys-Kits 2025 abgegeben werden. Das Motto der Veranstaltung lautete: RIDE YOUR LIMITS. Zur Auswahl stehen immer drei Strecken unterschiedlicher Länge. Diese lauten Istria155, Istria235 oder Istria300, wobei die genauen Kilometer der jeweiligen Strecken nicht exakt mit dem Namen des Rennens übereinstimmen. Die Teilnehmer aller Strecken stehen gemeinsam am Start in der Hafenstadt Porec, wo die Strecken auch wieder enden. Während des Rennens kann man sich an entsprechenden Abzweigungen noch für die jeweilige Strecke entscheiden. Auch dieses Jahr war das Istria300 ausverkauft.

Die Strecken des Istria155,235,300 (Quelle:https://www.istria300.com/de/i300de/streckenkonzept/)

Da ich unmittelbar nach dem Ötztaler Radmarathon Anfang September eine komplette Wochen krank gewesen war und auch eine Woche vor dem Istria300 wegen Erkältung nicht trainieren konnte, war ich zunächst nicht sicher, ob ich an den Start gehen konnte. Da ich mich am Vortag des Rennens aber wieder gut fühlte, entschied ich mich das Istria155 in Angriff zu nehmen. Ich fühlte mich während des gesamten Rennens sehr gut und ging gemäßigt in die kurzen aber häufigen Anstiege.

Im gesamten Rennen ist Gruppenbildung sinnvoll, um nicht alleine gegen den Wind zu kämpfen. Die Anstiege sind generell kurz. Leider zeigte sich dieses Jahr ein bestimmtes Phänomen, das mir auch von anderen Teilnehmern des Rennens berichtet wurde: Viele Fahrer waren nicht bereit in der jeweiligen Gruppe Führungsarbeit zu übernehmen. Während andere Fahrer rotierten und sich bei der Führungsarbeit abwechselten, versteckten sich diese Fahrer hinter anderen. So kam es häufig vor, dass ich in Führung ging und Lücken zu fuhr. Dabei trete ich als kleine Frau absolut weniger Watt als ein Mann und kann in der Ebene schwieriger hohe Geschwindigkeiten erreichen. Ich weiß nicht, ob es eine Art Egoismus bei einigen Fahrern ist oder schlichtweg an körperlicher Leistungsfähigkeit mangelt, dass die Führung einer Gruppe ausgeschlagen wird.

Für mich kam es dieses Jahr zu einem sehr gefährlichen Moment. Nach der letzten Verpflegungsstation wartete eine lange Abfahrt zum Meer auf die Teilnehmer. Hier ist eine Gruppe besonders wertvoll. Da die Gruppe in der ich mich befand recht langsam unterwegs war und eben nicht alle Fahrer Führungsarbeit leisteten, wurden wird von einer anderen Gruppe eingeholt. Die Formation der Gruppe ging etwas verloren. Ich fuhr mittig in der Gruppe. Vor mir, hinter mir und rechts neben mir war jeweils ein anderer Fahrer. Von hinten schloss ein Radfahrer zu mir auf und radelte links neben mir auf gleicher Höhe, bevor er plötzlich ohne erkennbaren Grund nach innen zog und mich touchierte. Ich bekam einen Stoß und taumelte nach rechts gegen den anderen Fahrer. Von dort warf es mich nach links gegen den anderen Fahrer. Dabei verkanteten unsere Schalthebel und ich verklemmte mir den linken Zeigefinger in seinem Schalthebel, weil er bremste. Unsere Räder berührten sich. Wir beide schwankten auseinander und im Versuch das Gleichgewicht zu halten, stießen wir wieder zusammen. In diesem Moment glaubte ich dass keiner von uns beiden das Gleichgewicht wiederfinden würde und wir stürzen würden. Ich dachte: „ok, das wars jetzt.“ Unsere Räder berührten sich ein zweites Mal und erneut schwanken wir beide stark. Das Ganze ging rasend schnell. Dennoch schafften wir beide es das Gleichgewicht wiederzufinden. Der Fahrer, der mich als erster touchierte, berührte mich nicht zufällig oder „nur etwas“, sondern zog ganz eindeutig nach rechts. Er beschwerte sich auch lautstark während der Aktion bei mir. Bis heute ist mir nicht klar, warum dieser Fahrer nach innen zog. Es gab im Laufe des Rennens viele Fahrer, die einen Überholvorgang nicht vollständig abschlossen, sondern auf halber Höhe beim Überholen aufhören zu treten und dem Überholten ins Vorderrad schneiden, um den dortigen Windschatten des vorausfahrenden Fahrers abzugreifen ohne noch weiter Gasgeben zu müssen. Kein Andeuten mit der Hand, einfach Reinschneiden. In diesem Fall war jedoch gar kein Platz vor mir. Alle fuhren Reifen an Reifen. Ich konnte weder nach rechts ausweichen, noch stark bremsen. Nach dem Rennen kamen einige Fahrer dieser Gruppe auf mich zu, unter anderem der Fahrer, welcher in dieser Situation direkt hinter mir war und der Fahrer rechts neben mir. Alle bestätigten mir, dass ich völlig machtlos war und die Schuld eindeutig beim anderen Fahrer lag. Ich würde mir generell mehr Umsicht und Rücksicht von einigen Radfahrern wünschen. Nicht auszudenken was bei einem Sturz bei der hohen Geschwindigkeit passiert wäre. Zu guter Letzt durfte ich mich über Platz 8 von 238 Frauen auf der Kurzstrecke freuen.

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