Ötztaler Radmarathon 2024

Pink oder weiß? Regen oder Sonne? Die Fragen aller Fragen vor dem Ötztaler Radmarathon ist immer die Frage nach dem Wetter. Dieses Jahr waren die Wetterbedingungen nahezu perfekt. Nicht zu heiß und nicht zu kalt. 14 bis 24 Grad vom Start bis ins Ziel mit lokalen Ausreißern bis knapp unter die 30-Grad-Marke im Hitzekessel von St. Leonhard in Südtirol. Wie es sich für den Sommer in den Alpen und den Ötztaler Radmarathon gehört, gab es ein steigerndes Regenrisiko im Tagesverlauf. Was wäre ein Ötztaler Radmarathon ohne den Nervenkitzel eines möglichen Gewitters am Timmelsjoch? Traditionell packe ich eine Regenjacke ein, die ich dann spazieren fahre und nicht anziehe, auch wenn es heftig regnet. Selbst 2018 fuhr ich bei nur 5 Grad in der Abfahrt vom Kühtai mit Regenjacke in der Rückentasche ab. Trocken bleiben oder durchnässt ins Ziel kommen? Das war auch 2024 die Frage.

Sölden, 1. September 2024, 6 Uhr morgens. Die Starter stehen bereits vor der Startlinie und ich noch vor der Frage: Pink oder Weiß? Traditionell trage ich pinke „PUSH HARDER“-Socken. Auch am Vorabend war die Farbe der Socken ein würdiges Diskussionsthema gewesen. Während beim Pressedinner via Live-Übertragung der Fahrerbesprechung gelauscht wurde, spülte draußen heftiger Regen eine braune Dreckbrühe durch die Straßen Söldens. Weiße Socken müsste man bei so einem Regenguss und dem dazugehörigen Schmutz nach dem Rennen mitunter entsorgen müssen.
Auf Regen wetten oder Risiko? Pink oder weiß? Dieses Jahr siegt das trotzige Kind in mir: Es sollten die weißen Socken fürs Rennen werden. Regen hin oder her. Fluchs schlüpfte ich die weißen PUSH HARDER Socken und meine Ötztaler-Radmarathon-Schuhe, welche ich ausschließlich im Rennen trage. Ich war spät dran. Grund war mein Sohn, der kurz zuvor bemerkte, dass seine Mama nicht mehr im Bett neben ihm lag, daher aufstand und unter Tränen verlangte, dass sich die Mama wieder zu ihm ins Bett lege. Zeit sparte ich an diesem Morgen hingegen beim Essen, nachdem mir mein Frühstück am Vorabend im wahrsten Sinne des Wortes madig gemacht wurde. Meine Weetabix, die ich mir vorbereiten wollte, hatten Füße bekommen, obwohl die Verpackung neu und ungeöffnet war. Zwei Toast mit Marmelade und ein Energieriegel waren die würdige Alternative.


Die Abfahrt nach Ötz dieses Jahr war erfreulicherweise unerwartet ruhig. Keine Harakiri-Aktionen, keine hektischen Fahrer, keine Selfies und kein gefährliches Überholen um mich herum. Alle Fahrer hochkonzentriert und darauf bedacht heil in Ötz anzukommen. Gerne mehr davon! Auch der untere Anstieg am Kühtai verlief in dieser Manier ohne Gedrängel. Es war verhältnismäßig warm und ich zog meine Windweste aus, die ich auch in der Abfahrt nach Innsbruck nicht brauchen sollte. Die rasante Fahrt bergab nach Kematen machte irre viel Spaß. In einer kleinen Gruppe von Fahrern huschten wir durch die Ortschaft. Da plötzlich: Katze von rechts. Es war haarscharf! Kurz vor unserer Gruppe querte eine Katze die Fahrbahn und dass mutmaßlich in einer höheren Geschwindigkeit als wir unterwegs waren. Dies sorgte für einen großen Lacher und wir waren alle erleichtert, dass nichts passiert war. Da es keine schwarze Katze war: Vielleicht ein gutes Omen? Am Brenner blies uns Fahrern ein heftiger Wind ins Gesicht. Anders als bei meinen letzten Teilnahmen, fand ich aber bereits in Innsbruck eine Gruppe, in der ich mehr oder weniger bis zum Ende des Brenners blieb. Oben am Brenner wartete Saki mit Flaschen, Riegeln und Gels auf mich. Er musste leider kurz vor dem Rennen die Segel streichen, hatte sich aber bereiterklärt seine Freunde am Brenner zu verpflegen. Big thanks an dieser Stelle!

Zwei Wochen vor dem Ötztaler musste auch ich um meine Teilnahme zittern. Ich hatte mir einen Virus eingefangen, der mein geplantes Training in der Vorbereitung durchkreuzte. Reduzierte Umfänge und Intensität waren angesagt und verlängerten das Tapering ungeplant. Gott sei Dank fühlte ich mich wenige Tage vor dem Rennen nicht mehr krank, sonst wäre ich nicht gestartet. Im Rennen meldete sich aber die Erkältung wieder zurück. Die Gels mit Zitrus-Geschmack brannten im leicht entzündeten Hals. Zu Beginn des Jaufenpasses lief es noch gut. Leider war mir von den vielen Gels etwas übel und anders als in den vergangenen Jahren, wo ich trotz Übelkeit meine Gels runter würgte, reduzierte ich dieses Jahr meine Einnahme, was nicht ohne Folgen blieb. Die Power in den Beinen fehlte plötzlich. Zunächst hatte ich nicht die Energie als Ursache in Verdacht. Oben angekommen stieg ich vom Rad „für kleine Mädchen“ und begann schlagartig zu zittern: Unterzucker! Durch die kurze Entlastung in der Pause, sackte der Adrenalinspiegel ab, der den Körper dazu befähigt den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Ich schob mir einen Riegel in den Mund, trank einen großen Schluck Iso und ging in die Abfahrt. Der Unterzucker verschwand. Am Timmelsjoch angekommen verpflegte ich mich wieder nach Plan. Jetzt schlug aber die Hitze zu! Als „Salty Sweater“ habe ich große Probleme ausreichend Flüssigkeit und Salz unter Hitze aufzunehmen. Weiß waren jetzt nicht nur meine Socken, sondern auch die eigentlich schwarzen Ärmel meines Trikots. Durch den Salzverlust wartete eine neue Erfahrung auf mich. Noch nie zuvor hatte ich auf dem Rad Krämpfe in den Beinen. Jetzt war es aber so weit. Die Oberschenkel machten zu. Ich reduzierte das Tempo und rollte weiter. Im oberen Teil des Timmelsjochs war es deutlich kühler und ich machte noch einmal Druck. Die Sub9 war in greifbarer Nähe. Die Bestzeiten im oberen Drittel und im Gegenanstieg fielen. Pünktlich zum im Aufstieg zur Mautstation begann es zu regnen. Da war er also: Hallo Regen. Ich zog wieder einmal keine Regenjacke an, da ich diese in der Satteltasche hatte und mich das Anziehen Zeit gekostet hätte. Es regnete in der Abfahrt immer heftiger und ich war komplett durchnässt. Um die Kurven und Kehren wurde jetzt geschlichen. Eine falsche Bewegung und man küsst den Asphalt. Auf den Geraden wurde hingegen nochmal aufs Gas gedrückt, dass das Wasser nur so spritzte. Mit 9 Stunden und 48 Sekunden schlussendlich im Ziel. Persönliche Bestzeit.

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PUSH HARDER Socken
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